FAQs: Wasserstoffversprödung und wie man sie vermeidet
FAQs: Wie man Wasserstoffversprödung und andere Probleme bei der Handhabung von Wasserstoff vermeidet
Buddy Damm, Senior Scientist, Swagelok
Wir wollen künftig nicht mehr von fossilen Brennstoffen abhängig sein. Wir befinden uns mitten in einer durch geopolitische Konflikte ausgelösten Energiekrise. Und nicht zuletzt spüren wir alle die zunehmende Dringlichkeit, dem Klimawandel zu begegnen. Dies sind nur ein paar der Gründe, warum weltweit intensiv nach praktikablen Alternativen zu fossilen Kraftstoffen gesucht wird.
Wasserstoff ist dabei eine vielversprechende Lösung. Damit Wasserstoff als emissionsfreier Kraftstoff für eine Vielzahl von Anwendungen eingesetzt werden kann, muss dessen sichere und zuverlässige Handhabung von der Erzeugung bis zur Endnutzung sichergestellt sein.
Die Speicherung und der Transport von Wasserstoff geht jedoch mit ganz eigenen Herausforderungen einher. Wasserstoff ist das erste Element im Periodensystem. Bestehend aus nur einem positiv geladenen Proton und einem negativ geladenen Elektron, ist es ist das leichteste und eines der kleinsten Atome. In der weltweit zunehmenden Wasserstoffproduktion kommt Wasserstoff sowohl in flüssigem als auch in gasförmigem Zustand zum Einsatz. Wasserstoff verflüssigt sich bei −252,9 °C (−423 °F) und weist als Flüssigkeit eine etwa 140-fach erhöhte Dichte auf als im gasförmigen Zustand. Der Transport und die Speicherung von H2 in flüssigem Zustand ist also deutlich effizienter. Allerdings muss Wasserstoff am finalen Einsatzort als Gas vorliegen. Infolgedessen kann es zum Auftreten zweier Phänomene kommen, die sich auf die in Wasserstoffsystemen zum Einsatz kommenden Metalle auswirken.
- Versprödung durch niedrige Temperaturen: Bei geringeren Temperaturen verlieren Metalle an Dehnfestigkeit.
- Wasserstoffversprödung: Wasserstoffatome können in Metalle diffundieren und diese verspröden.
Mit Versprödung ist an dieser Stelle die reduzierte Dehn-, Bruch- und Ermüdungsfestigkeit eines Metalls in seinem Einsatzumfeld im Vergleich zu seiner Bruch- und Ermüdungsfestigkeit an der Luft und bei Raumtemperatur gemeint. Dadurch kann es zu einem Systemausfall kommen, der wiederum mit Sicherheitsrisiken, längeren Stillstandszeiten und finanziellen Verlusten einhergeht. Mit dem weiteren Ausbau der Wasserstoffindustrie muss für diese konstruktionstechnischen Herausforderungen eine Lösung gefunden werden, damit sich Wasserstoff langfristig als nachhaltige Kraftstoffalternative durchsetzen kann.
Was also müssen Experten bei der Konstruktion langlebiger Wasserstoffsysteme beachten? Für die Speicherung von Wasserstoff ist insbesondere die richtige Werkstoffauswahl entscheidend. Fluidsysteme aus spezifisch angepasstem, hochwertigem Edelstahl eignen sich besser, um die Herausforderungen zu meistern, die mit der Speicherung von Wasserstoff einhergehen. In den nachfolgenden Fragen und Antworten wird erklärt, was es bei der Werkstoffauswahl der Komponenten für Anwendungen zur Wasserstoffspeicherung zu beachten gilt.
F: Was bedeutet Versprödung durch niedrige Temperaturen?
A: Versprödung durch niedrige Temperaturen bezieht sich auf eine Verringerung der Dehnfestigkeit, Härte oder Ermüdungs- und Bruchfestigkeit eines Metalls bei geringerer Temperatureinwirkung. Austenitische Edelstähle zeigen bei niedrigen Temperaturen nur eine geringe Versprödung. Ferritische Stähle (niedrig legierte Stähle und ferritische Edelstähle) sind hingegen anfälliger. Für Anwendungen mit flüssigem Wasserstoff sind austenitische Edelstähle daher die erste Wahl.
F: Wie dringt Wasserstoff in Metall ein?
A: Wasserstoffmoleküle (H2, blau) können sich in Wasserstoffatome (H, rot) aufspalten und in ein Metall eindringen. Wasserstoffatome lagern sich bevorzugt an Stellen ab, die besonders beansprucht sind, wie z. B. an Rissspitzen oder Besonderheiten in der Mikrostruktur, etwa Korngrenzen, Einschlüssen oder Ablagerungen. In einigen Fällen kann sich atomarer Wasserstoff zweiatomig neu bilden.
F: Was ist Wasserstoffversprödung?
A: Wasserstoffversprödung setzt die Ermüdungs- und Bruchfestigkeit eines Metalls herab. An hochfesten Werkstoffen tritt Wasserstoffversprödung besonders ausgeprägt auf.
Insgesamt sind Edelstähle besser für die Handhabung von Wasserstoff geeignet als viele andere Metalle, doch nicht alle sind in gleichem Maße widerstandsfähig gegenüber Wasserstoffversprödung.
Austenitische Edelstähle zeichnen sich durch ihre kubisch flächenzentrierte Kristallstruktur (FCC), eine moderate Festigkeit sowie eine von Natur aus hohe Dehnfestigkeit aus. In der Regel eignen sie sich für die Handhabung von Wasserstoff besser als viele andere Metalle, doch nicht alle sind in gleichem Maße widerstandsfähig gegenüber Wasserstoffversprödung.
F: Was sind die möglichen Konsequenzen bei Verwendung eines empfindlicheren Edelstahls?
A: Die Verwendung von Werkstoffen, die anfälliger gegenüber Wasserstoffversprödung sind, kann die Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung der Systemintegrität erhöhen.
Eine Verringerung der Ermüdungsfestigkeit stellt ein größeres Problem dar als eine Verringerung der Dehnfestigkeit. Dehnfestigkeit bezieht sich auf die Fähigkeit eines Werkstoffs, sich unter Spannung plastisch zu verformen, bevor es zu einem Versagen kommt. Angemessen ausgelegte Komponenten sind keinen Belastungen ausgesetzt, die zu plastischer Verformung führen. Wiederkehrende Belastungen aufgrund von Druckveränderungen, Vibrationen oder anderen Betriebsbedingungen können allerdings langsam zu einer Schädigung und einem Versagen durch Ermüdung führen. Dabei kommt es zu einer Schwächung des Stahls durch wiederholte Beanspruchung oder Belastung. Das Ausfallrisiko einer Anlage oder einer Komponente kann weiter steigen, wenn die Werkstoffe korrosionsfördernden Umweltfaktoren wie Wasser ausgesetzt sind.
Der Ausfall von Komponenten kann selbstverständlich zu einer Reihe unerwünschter Konsequenzen führen:
F: Wie lassen sich hochwertigere Edelstähle von solchen geringerer Güte unterscheiden?
Bei hochwertigeren Edelstählen mit höherem Nickelanteil hat sich gezeigt, dass sie für Wasserstoffanwendungen besser geeignet sind, insbesondere wenn diese für eine lange Betriebsdauer vorgesehen sind.
Die ASTM (American Society for Testing and Materials) schreibt für 316er Edelstahl einen Nickelanteil von mindestens 10 % vor. Allerdings hält 316er Edelstahl mit einem Nickelanteil von mindestens 12 % den einzigartigen Herausforderungen in Wasserstoffsystemen besser stand. Der Nickelgehalt trägt dazu bei, die Mikrostruktur des Edelstahls zu stabilisieren, wodurch dieser resistenter gegenüber Wasserstoffversprödung ist. In unseren Tests konnte wir nachweisen, dass Wasserstoffversprödung bei 316er Edelstahl mit einem Nickelgehalt von 12 % nur einen geringfügigen Einfluss auf die Dehnfestigkeit hat.
316er Edelstahl mit einem Mindestanteil von 12 % Nickel ist für die besonderen Herausforderungen in Wasserstoffsystemen besser geeignet.
Für die Konstruktion von Wasserstoffsystemen ist 316er Edelstahl mit einem hohem Nickelanteil generell gut geeignet. Allerdings kann aufgrund bestimmter Leistungsanforderungen, wie z. B. eine hohe Festigkeit oder Korrosionsbeständigkeit, die Verwendung eines anderen Werkstoffs sinnvoller sein. Unter solchen Umständen kann eine sorgfältige Systemauslegung und -wartung unterstützend gegen Versprödung wirken. Um Sie bei Ihren Entscheidungen qualifiziert zu beraten, arbeiten Unternehmen wie Swagelok kontinuierlich an der weiteren Erforschung von Wasserstoff und dessen Auswirkungen auf Legierungen aller Art.
F: Wie kann ich sicher sein, dass ich mich für einen leistungsstarken Werkstoff entschieden habe?
Zu erkennen, welche Werkstoffe für die jeweiligen Fluidsysteme die beste Wahl sind, kann mitunter eine echte Herausforderung sein, insbesondere vor dem Hintergrund dieses rasant wachsenden Marktumfeldes. Doch es ist wichtig, die richtige Entscheidung zu treffen, da sich die Werkstoffspezifikationen für Wasserstoffanwendungen langfristig auswirken. Allem voran besteht die Gefahr, dass Fehlentscheidungen die Akzeptanz von Wasserstoff als zuverlässige und gangbare Brennstoffalternative für eine sauberere Zukunft beeinträchtigen können.
Halten Sie Ausschau nach Lieferanten, die eine umfassende Werkstoffkompetenz vorweisen können und sich einen Namen in der Entwicklung von Produkten für Wasserstoffanwendungen gemacht haben. Wenn Sie Unterstützung bei der Auswahl der optimalen Werkstoffe für Ihren Anwendungsfall benötigen, wenden Sie sich an unsere Experten für Wasserstoffanwendungen, um gemeinsam eine geeignete Lösung zu finden.
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