Vier Überlegungen zur richtigen Materialauswahl für Saueröl- und Sauergasfelder
Vier Überlegungen zur richtigen Materialauswahl für Saueröl- und Sauergasfelder
Mit dem Ziel, den weltweiten Energiebedarf zu decken und ihre Umsatzströme zu vergrößern, erschließen immer mehr Öl- und Gasförderer unkonventionelle Ölressourcen in zunehmender Meerestiefe und immer größerer Entfernung zur Küste. In diesen Umgebungen können Sauergasleckagen und andere kritische Systemausfälle kostenintensive Folgen nach sich ziehen. Saure Prozessmedien enthalten Schwefelwasserstoff (H2S), ein korrosives, entzündliches und toxisches Gas. Aufgrund der korrosiven Eigenschaften von Schwefelwasserstoff kommen Legierungen schnell an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Bei hochfestem Kohlenstoffstahl und niedriglegiertem Stahl tragen sie zudem zur Entstehung von schwefelinduzierter Spannungsrisskorrosion bei. Diese führt zur Versprödung des Materials sowie zur plötzlichen Ermüdung von eigentlich duktilen Metalllegierungen.
Da die Öl- und Gasindustrie vermehrt H2S-haltige Reserven anzapft, gewinnen NACE-Normen zunehmend an Bedeutung. Denn mit diesen Normen wird sichergestellt, dass die eingesetzten Materialien solchen extremen Bedingungen standhalten. Eine wichtige Norm für die Auswahl von Legierungen in Sauergasanwendungen ist MR0175/ISO 15156. In den darin aufgeführten Tabellen werden die Anforderungen und Umweltbeschränkungen für Materialien in vorgelagerten Sauergasanwendungen spezifiziert.
Mit einem umfassenden Verständnis der Anforderungen sowie der verfügbaren Materialoptionen können Sie viele Arten von Korrosion vermeiden – insbesondere die in Sauerölfeldern typischen Korrosionsarten. Die nachstehenden Überlegungen zur Materialauswahl für Sauergasanwendungen helfen Ihnen dabei, die richtigen Komponenten für einen sicheren und effektiven Betrieb Ihres Fluidsystems auszuwählen.
Frage 1: Welche Materialien sind gemäß Norm für den Einsatz in Sauergasanwendungen geeignet?
In der Norm NACE MR0175/ISO 15156 werden die für saure Umgebungen in der Öl- und Gasproduktion geeigneten Materialien beschrieben, darunter Edelstahl 316, 6-Moly-Legierungen, Alloy 2507, 825, 625, C-276 und 400. Die für diese Materialien geltenden spezifischen Anwendungs- und Umweltbeschränkungen sind ebenfalls in dieser Norm enthalten.
Kein Edelstahl ist vollständig resistent gegenüber einer von Chloridionen verursachten Spannungsrisskorrosion. Bei der Auswahl von Rohrverbindungen aus Edelstahl 316 sollten Sie darauf achten, dass der Nickel- und Chromanteil über den von der ASTM vorgeschriebenen Mindestwerten (10 % Nickel und 16 % Chrom) liegt. Bei Rohrverbindungen aus regulärem Edelstahl 316/316L mit dem vorgeschriebenen Mindestanteil an Nickel und Chrom hat sich gezeigt, dass eine höhere Anfälligkeit gegenüber der von Chloridionen induzierten Korrosion besteht. Ein höherer Nickelanteil sorgt für eine allgemein bessere Korrosionsbeständigkeit, eine verbesserte Austenitstabilität gegenüber der Bildung von Martensit und eine höhere Beständigkeit gegenüber Wasserstoffversprödung. Materialien mit einem hohen Martensitanteil neigen bei Vorhandensein von Wasserstoff dazu, spröde und rissig zu werden. Ein höherer Chromgehalt wiederum verbessert die Beständigkeit gegenüber Lochfraß.
Frage 2: Welche potenziellen Risiken oder Schäden können durch eine richtige Materialauswahl minimiert werden?
Mit dem richtigen Material für Sauergasanwendungen können Sie die Risiken für schwefelinduzierte Spannungsrisskorrosion und eine, von Chloridionen verursachte Spannungsrisskorrosion reduzieren. Eine durch Korrosion hervorgerufene Materialzersetzung kann katastrophale Ausfälle, schwerwiegende Auswirkungen für Umwelt, Mitarbeiter und Sicherheit sowie unvorhergesehene Produktionskosten mit sich bringen. Aufgrund dieser Risiken ist es notwendig, die Anforderungen und Spezifikationen der NACE-Norm zu verstehen, die auf den für das Produkt vorgesehenen Umgebungsbedingungen basieren.
Frage 3: Welche wichtigen Faktoren gilt es bei der Wahl des optimalen korrosionsbeständigen Materials zu berücksichtigen?
Die von den Betriebsbedingungen (inkl. Inbetriebnahme und Abschaltung) ausgehenden Korrosionsrisiken, die Beständigkeit der infrage kommenden Materialien sowie die Zugänglichkeit für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten müssen unbedingt beachtet werden. Zudem sollten bei der Materialauswahl Faktoren wie Druck, Temperatur, Chloridkonzentration, pH-Wert und Partialdruck von H2S berücksichtigt werden. In geeigneten Schulungen zu Materialwissenschaften erfahren Sie, wie Sie anhand von Faktoren wie Druck, Temperatur, Korrosionsrisiken und geltenden Anforderungen die optimalen Materialien auswählen.
Frage 4: Inwiefern tragen NACE-konforme Materialien dazu bei, die Sicherheit und Leistung des Betriebs zu verbessern?
Frühzeitige Materialermüdung als Folge von Materialzersetzung birgt Risiken für Mitarbeiter und Anlagen und kann zu Produktverunreinigungen, Produktionsverlusten und hohen Instandhaltungskosten führen. Durch die Wahl der passenden Materialien für die bestehenden Umgebungs- und Prozessbedingungen können Sie die Lebensdauer Ihrer Anlagen verbessern, die Sicherheit erhöhen und die Systemintegrität verlängern. Zudem verringern Sie durch den Einsatz konformer Materialien künftige Nacharbeiten an Anlagen, die möglicherweise bei der Verwendung nicht konformer Materialien angefallen wären.
Bei der Erschließung von Sauergasvorkommen in der Öl- und Gasindustrie ist die Auswahl zuverlässiger Materialien das A und O. Besondere Sorgfalt ist dabei bei korrosionsanfälligen Komponenten wie Ventilen, Rohrverbindungen und Messgeräten geboten. Die Einhaltung der Empfehlungen aus NACE MR0175/ISO 15156 und ein gutes Verständnis der Grenzen von Legierungen sind unabdingbar für sichere und langlebige Systeme in anspruchsvollen Sauergasumgebungen.
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