Der Umgang mit Verdampfungen in Probenahmesystemen
Der Umgang mit Verdampfungen in Probenahmesystemen
März 12, 2019 | Jon Kestner
Eine Probe zu verdampfen ist kein einfaches Unterfangen und auch nicht immer möglich. Wenn das Analysengerät in Ihrem Probenahmesystem gasförmige Proben erfordert, Ihr Medium allerdings flüssig ist, haben Sie keine andere Wahl, als die flüssige Probe in eine gasförmige Probe umzuwandeln. Bei diesem Verfahren spricht man von Verdampfung oder Schnellverdampfung . Ziel hierbei ist es, eine flüssige Probe auf Anhieb in eine gasförmige Probe umzuwandeln – ohne dabei die Zusammensetzung zu ändern.
Zunächst ist es wichtig, den Unterschied zwischen Verdunstung und Verdampfung zu verstehen. Verdunstung ist ein allmählicher Prozess, bei dem die Temperatur langsam ansteigt. Verdampfung hingegen, geschieht unmittelbar mittels Druckabfall.
Grundsätzlich ist es nicht möglich, eine Probe durch alleiniges Erhöhen ihrer Temperatur zu verdampfen, denn Hitze verursacht Verdunstung. Folglich fördert die Zufuhr von Hitze das schnelle Voranschreiten einer Verdunstung. Findet in einer gemischten Probe eine Verdunstung statt, führt das dazu, dass manche Komponenten vor anderen verdunsten, was wiederum zu einer Fraktionierung der Probe führt. Wenn eine aus verschiedenen Komponenten zusammengesetzte Probe fraktioniert wird, eignet sie sich danach nicht mehr zur Analyse. Eine korrekt durchgeführte Verdampfung stellt sicher, dass alle Komponenten zur gleichen Zeit verdampfen und somit die Zusammensetzung erhalten bleibt.
Bei einer Fraktionierung verdunsten die leichteren Moleküle typischerweise oftmals zuerst. Sie bewegen sich bereits zum Analysegerät hin, während die schwereren Moleküle in der flüssigen Phase zurückbleiben. Selbst wenn eine fraktionierte Probe zu einem späteren Zeitpunkt den Anschein erweckt, vollständig gasförmig zu sein, hat die Mischung nicht dieselben molekularen Proportionen wie vor der Fraktionierung. Sie stellt also keine repräsentative Probe des Mediums mehr dar. Die Anpassung einzelner Prozessvariablen, wie Temperatur, Druck oder Durchfluss, kann dabei helfen, eine korrekt ausgeführte Verdampfung und präziseste analytische Ergebnisse sicherzustellen.
Verdampfung verstehen
Zur Verdampfung einer Probe wird normalerweise ein Verdampfungsdruckregler verwendet – auch bekannt als „Verdampfer“. Der Verdampfer ist ein Druckregler, der den Druck reduziert und in der Lage dazu ist, die Probe an genau der richtigen Stelle zu erhitzen. Verdampfung ist ein dreistufiger Prozess, wie im nachstehenden Diagramm zu sehen ist. Im ersten Schritt gelangt die Probe im flüssigen Zustand in den Verdampfungsdruckregler. In dieser Phase sollte sie nicht zu sieden beginnen.
Im zweiten Schritt gelangt die Flüssigkeit durch den Druckreglereingang in den Verdampfungsdruckregler. Dort findet ein starker und plötzlicher Druckabfall statt, was somit zur Verdampfung der Flüssigkeit führt. Die gleichzeitig zugeführte Wärme ermöglicht, dass die verdampfte Flüssigkeit den gasförmigen Zustand erhalten kann.
Im dritten Schritt verlässt die Probe, nun als Gas, den Verdampfungsdruckregler und gelangt zur Auswertung in das Analysengerät. Dank des unmittelbaren Übergangs in die Dampfphase, bleibt die Zusammensetzung des Gases unverändert, was eine präzise Messung ermöglicht.
Die erste Gruppe bezieht sich auf die Zusammensetzung der Probe. Sie ist dafür verantwortlich, ob die Probe beispielsweise zu Beginn Blasen bildet und die Verdampfung bei verschiedenen Drücken und Temperaturen endet. Um eine Verdampfung erfolgreich abzuschließen, sollten Sie daher unbedingt diese Drücke und Temperaturen kennen.
Die zweite Gruppe betrifft die Einstellungen, die Sie an Ihrem Probeentnahmesystem vornehmen: Druck, Temperatur und Durchfluss. Druck und Temperatur werden am Verdampfer reguliert, während der Durchfluss an der Ausgangsseite mittels Rotameter und eines Nadelventils gesteuert wird. Die Einstellungen werden entsprechend unserer Kenntnisse über die erste Gruppe der Eingangsparameter vorgenommen. Vollständige Verdampfungen erfordern eine Ausgewogenheit einer jeden Prozessvariable. Selbst eine derart systematische Vorgehensweise zur Erzielung einer Verdampfung, erfordert praktisches Ausprobieren.
Verstehen der Probe
Die beste Möglichkeit, die erste Gruppe der Eingangskriterien zu verstehen, bildet ein Phasendiagramm. In einem Phasendiagramm werden Druck und Temperatur grafisch dargestellt. Zudem wird abgebildet, in welchem Zustand die Probe gasförmig, flüssig oder fest ist. Linien zeigen die Schnittstellen zwischen zwei Phasen an.
Das nachstehende Schaubild zeigt ein Phasendiagramm für 20 Prozent Hexan in Pentan. Befindet sich die Probe über dem Blasenbildungspunkt (blaue Linie), ist sie vollständig flüssig. Diesen Zustand sollte sie zum Zeitpunkt des Eintretens in den Verdampfer unbedingt beibehalten. Befindet sich das Medium unter dem Taupunkt (goldene Line), ist es vollständig gasförmig. Ein Zustand, den die Probe erreicht haben muss, wenn sie den Verdampfer verlässt.
Phasendiagramm, das 20 Prozent Hexan in Pentan zeigt; mit Temperatureinstellungen
Die Zone zwischen dem Blasenbildungspunkt und dem Taupunkt ist der Siedebereich, der auch als „No-Go-Zone“ bezeichnet wird. Hier befindet sich das Gemisch in zwei Phasen – teils flüssig, teils gasförmig. Gelangt das Medium in diesen Bereich, fraktioniert es und ist somit für die Analyse ungeeignet.
Bei reinen oder fast reinen Proben gibt es nur einen kleinen oder gar keinen Siedebereich. Die Linien, die den Blasenbildungspunkt und den Taupunkt anzeigen, sind fast übereinander angeordnet. Derartige Proben lassen sich mittels Verdunstung oder Verdampfung in ein Gas mit selber Zusammensetzung umwandeln. Manche industrielle Proben erreichen diesen sehr hohen Reinheitsgrad und lassen sich so auf einfache Art und Weise umwandeln.
Bei anderen Proben ist der Siedebereich wiederum so groß, dass sie sich nicht erfolgreich verdampfen lassen. In diesen Fällen gibt es keine Möglichkeit, von der Flüssig-Seite zur Dampf-Seite des Siedebereichs zu wechseln. Die Variablen - Temperatur, Durchfluss und Druck - können nicht so verändert werden, dass eine Fraktionierung vermieden werden kann.
Die meisten Proben fallen unter eines dieser beiden Extreme. So ist beispielsweise im Phasendiagramm der Sprung zwischen Blasen- und Taupunkt so klein, dass die Probe bei entsprechender Einstellung tatsächlich von der Flüssigkeitsseite zur Dampfseite des Siedebereichs gelangen kann. Gleichzeitig ist der Sprung groß genug, dass die Variablen vorsichtig verändert werden können, um zu vermeiden, dass die Probe erst gar nicht in den Siedebereich gelangt.
Einstellen von Temperatur, Druck und Durchfluss
Verdampfung stellt mehr oder weniger eine Gratwanderung zwischen den Variablen dar. Der folgende, aus vier Schritten bestehende Prozess dient der Einstellung der Eingangsparameter für Temperatur, Druck und Durchfluss.
- Bestimmen des Eingangsdrucks am Verdampfer. Dieser feststehende Druck ist Ihr Prozessdruck, sofern sich Ihr Verdampfer in der Nähe Ihrer Probeentnahmestelle befindet. Ein höherer Druck ist hilfreich, da es eine höherer Temperatureinstellung des Verdampfers erlaubt, ohne dass die eintretende Flüssigkeit vorab siedet.
- Auswahl der Eingangstemperatur. Die Temperatureinstellung dient zwei Zielen: Erstens muss die Temperatur niedrig genug sein, dass die Probe beim Eintreten in den Verdampfer ganz flüssig ist und keine Blasen bildet. Im Phasen-Diagramm von 20 Prozent Hexan in Pentan, beträgt der Blasenbildungspunkt bei 4 bar 88˚C. Um eine Fehlerspanne bei der Aufrechterhaltung des flüssigen Zustands einzuräumen, sollten Sie 80˚C wählen.
Das zweite Ziel besteht darin, dass die Temperatur hoch genug sein muss, um zur vollständigen Verdampfung der Probe beizutragen. Bei der Verdampfung der Probe sinkt die Temperatur gemäß der Energieerhaltungsgesetze ab. Die Temperatur der Probe muss daher zu Beginn hoch genug sein, damit sich die Probe nach dem Druckabfall nicht im Siedebereich befindet. - Einstellung des Ausgangsdrucks am Verdampfer. Das Ziel muss es sein, den Druck unter die goldene Taupunktlinie abzusenken. Im Phasendiagramm ist der Ausgangsdruck zum Beispiel auf 1,5 bar eingestellt. Wenn der Ausgangsdruck höher als in diesem Beispiel wäre, würde die Probe nicht ganz verdampfen und fraktionieren.
- Durchfluss einstellen. Der Durchfluss wird stromabwärts an einem Ventil und Durchflussmesser eingestellt, nicht am Verdampfer. Je höher der Dampfdurchfluss ist, desto schneller gelangt die Probe zum Analysegerät. Allerdings erfordert ein hoher Durchfluss mehr Wärme, um die Probe zu verdampfen. Anders ausgedrückt, führt hoher Durchfluss zu einem größeren Temperaturabfall zum Zeitpunkt der Verdampfung. Im Phasendiagramm ist der Temperaturabfall beispielhaft durch die violette Linie angezeigt. Mit zunehmendem Durchfluss neigt sich die violette Linie mehr nach links.
Eine weitere Variable, die sich auf den Temperaturabfall auswirkt, ist die Wärmeübertragungskapazität des Verdampfers. Manche Verdampfer sind daher entsprechend konzipiert, dass sie Wärme effizienter auf die Probe übertragen. Wenn die flüssige Probe gasförmig wird und ihre Temperatur abfällt, entzieht sie Wärme aus dem sie umgebenden Edelstahl. In dieser Phase kommt es darauf an, wie effizient der Verdampfer diese Wärme auf die Probe überträgt. Je mehr Wärme die Probe entziehen kann, desto geringer ist der Temperaturabfall während der Verdampfung.
In manchen Fällen ist der Verdampfer außen heiß, aber im Inneren kalt. In diesem Fall entzieht die verdampfte Probe zu viel Wärme und der Verdampfer kann nicht genügend Wärme übertragen, um dies auszugleichen. In diesem Fall sollten man den Durchfluss reduzieren.
Verdampfung erfordert eine entsprechende Angleichung der Parameter. Swagelok-Field-Services-Ingenieure helfen dabei, die richtige Verdampfung für ein Probeentnahmesystem zu bestimmen. Als Faustregel gilt, eine möglichst niedrige Durchflussrate anzustreben, ohne dass dabei eine zu hohe Zeitverzögerung des Probenflusses zum Analysegerät entsteht. Daher bietet es sich an, mit einer niedrigen Durchflussrate anzufangen, und diese versuchsweise zu erhöhen, als mit einer höheren Durchflussrate zu beginnen.
Fehlerbehebung
Phasendiagramme helfen dabei, Temperatur-, Druck- und Durchflusseinstellungen abzuschätzen. Im Falle von auftretenden Problemen, wie einer schlechten Wiederholbarkeit von Analyseergebnissen, müssen diese für eine Behebung systematisch analysiert werden. Die nachfolgenden beiden Lösungsansätze zielen auf die Problematik einer Fraktionierung statt einer Verdampfung, wobei Problem (1) häufiger auftritt.
Problem 1: Nur ein Teil der Probe verdampft. Flüssigkeit gelangt durch den Verdampfer und bleibt im Rohr an der Ausgangsseite nach dem Verdampfer. Die verbleibende Flüssigkeit verdampft nach einer Zeit und entzieht dem umliegenden Rohr Wärme, wodurch das Rohr kalt wird oder sich Reif oder Eis bilden. Diese Flüssigkeit kann zudem in andere Komponenten hinein gelangen, wie beispielsweise Durchregler und Filter, wo sie beträchtliche Schäden verursachen kann.
Lösung: TDieses Problem lässt sich über eine reduzierte Durchflussrate vermeiden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Ausgansdruck des Verdampfers, falls möglich, zu senken. Eine dritte Möglichkeit wäre, die Wärme zum Regler hin zu erhöhen, womit sich das Risiko für Problem 2 (siehe unten) und den Lebenszyklus des Verdampfungsdruckreglers erhöht.
Problem 2: Die Probe befindet sich am Eingang in den Verdampfer im Siedezustand. Sie fraktioniert, bevor sie verdampft werden kann. Eine teilweise heftige Vibration des Eingangsrohrs zum Verdampfer und schwankende Messwerte weisen auf dieses Problem hin. Leichtere Moleküle verdampfen und schaffen eine große Wolke mit Dampfmolekülen. Einige dieser leichteren Moleküle gelangen zu dem Analysegerät und liefern eine ungenaue Analyse. Die restlichen Moleküle erzeugen eine "Dunstwand", wodurch die Flüssigkeit in den Prozess zurückgedrückt wird. Ein Teil dieser Dunstwand kühlt daraufhin ab und kondensiert. Die flüssige Probe fließt erneut zum Verdampfer, wo die leichteren Moleküle verdunsten und sich derselbe Zyklus wiederholt. Letztlich gelangen die schwereren Moleküle zum Verdampfer und in das Analysegerät, was abweichenden Messergebnissen führt.
Lösung: Das Problem lässt sich durch eine verringerte Temperatur des Verdampfers vermeiden.
Fazit
Die Verdampfung einer flüssigen Probe bietet einige Herausforderungen. In vielen Probeentnahmesystemen weltweit kommt es Tag für Tag, Minute für Minute dazu, dass Proben von Verdampfern fraktioniert werden und als nicht repräsentative Proben zum Analysegerät gelangen. Abhilfe schaffen das Phasendiagramm des spezifischen Stoffgemischs. Ein genaues Verständnis des Prozesses und der Variablen (Temperatur, Druck und Durchfluss) und deren Einfluss auf das Resultat hilft darüber hinaus, gängige Fehler zu vermeiden. Die Kombination aus beiden ermöglicht es, die richtigen Einstellungen vorzunehmen oder anzupassen.
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