Überarbeitete Spezifikation für Rohrverschraubungen mit geringem Durchmesser (1/2"-2" - 12mm-50mm)
Öl- und Gasproduzenten profitieren dank der neuesten Version der IOGP-Spezifikation für Rohrsysteme und Rohrverschraubungen mit geringem Durchmesser von einer höheren Sicherheit
Das Thema Sicherheit hat für viele Öl- und Gasproduzenten weltweit höchste Priorität. Wenn innerhalb der Branche also Bemühungen unternommen werden, um den Betrieb von Fluidsystemen sicherer zu machen, sollten diese Änderungen daher von allen aufmerksam mitverfolgt werden.
Die International Association of Oil & Gas Producers (IOGP) hat im März 2021 die aktuellste Version ihrer S-716 „Specification for Small Bore Tubing and Fittings“ (Spezifikation für Rohrleitungen und Rohrverschraubungen mit geringem Durchmesser (1/2"-2" - 12mm-50mm) veröffentlicht, in der standardisierte Anforderungen für Rohrsysteme und Rohrverschraubungen mit geringem Durchmesser (1/2"-2" - 12mm-50mm), Rohrleitungen und Systemkomponenten definiert werden, die in industriellen Anwendungen in der Öl- und Gasindustrie zum Einsatz kommen. Die Anforderungen beziehen sich hauptsächlich auf die Auslegung, Materialauswahl, Installation, Prüfung, Inspektion und die Kennzeichnung dieser Fluidsystemkomponenten.
Für die Ausarbeitung dieser neuen Spezifikation wurden unterschiedliche Branchenakteure hinzugezogen. Gemeinsam wurden die Schlüsselparameter festgelegt, mithilfe derer die allgemeine Sicherheit von Fluidsystemen verbessert und gleichzeitig die Gesamtbetriebskosten reduziert werden können. Für Experten aus der Öl- und Gasindustrie gibt es hierbei einige wichtige Faktoren zu beachten:
Unterschiedliche Arten von Rohrverschraubungen für einen leckagefreien Betrieb
Zunächst spezifiziert die S-716 die Nutzung von Klemmringverschraubungen, die als bördellose Rohrverschraubungen mit zwei Klemmringen definiert werden. Gemäß der Spezifikation dürfen demnach keine Verschraubungen mit einem Klemmring verwendet werden.
In Systemen mit Vibrationen und anderen Belastungen während des Betriebs besteht bei Rohrverschraubungen mit einem Klemmring ein erhöhtes Leckagerisiko. Dieser Parameter ermöglicht es Öl- und Gasproduzenten demnach, leckagefreie Verbindungen in ihren Systemen sicherzustellen.
In den meisten Anwendungen sind Klemmringe mit Scharnier-Spann-Effekt die beste Wahl, da sie die Rohrleitung fest umschließen und sowohl für eine direkte als auch axiale Verstärkung der Haltefunktion sorgen.
Die Unterschiede zwischen Verschraubungen mit einem und zwei Klemmringen sind dabei von zentraler Bedeutung:
- Verschraubungen mit einem Klemmring, auch Schneidringverschraubungen genannt, umschließen die Rohrleitung an einem einzigen Kontaktpunkt – dem Schneidring. Bei anhaltenden Druckstößen, Vibrationen oder anderen Bedingungen im Rahmen des regulären Fluidsystembetriebs können sich diese Verbindungen lockern.
- Verschraubungen mit zwei Klemmringen, auch Klemmringverschraubungen genannt, sorgen an zwei Kontaktpunkten für einen festen Halt um die Rohrleitung und bieten somit bessere Voraussetzungen für einen leckagefreien Betrieb.
Allerdings ist zu beachten, dass Klemmringverschraubung nicht gleich Klemmringverschraubung ist. In den meisten Anwendungen sind Klemmringe mit Scharnier-Spann-Effekt die beste Wahl, da sie die Rohrleitung fest umschließen und sowohl für eine direkte als auch axiale Verstärkung der Haltefunktion sorgen. Durch diese Auslegung werden die Auswirkungen von Vibrationen usw. ausgeglichen und eine leckagefreie Rohrverbindung sichergestellt.
Vermischen von Komponenten unterschiedlicher Hersteller ist verboten
Die neue Version der Spezifikation gibt außerdem vor, dass nur Komponenten eines einzigen Herstellers verwendet werden dürfen. Damit orientiert sich die S-716 an anderen einschlägigen Spezifizierungen und fördert somit branchenübergreifend einheitlichere Best Practices.
Beim Einsatz von Komponenten unterschiedlicher Hersteller ist häufig schwierig, die Leistungsfähigkeit des Systems vorherzusagen.
Grund hierfür ist, dass die Materialzusammensetzung kleine Unterschiede aufweisen kann, selbst wenn die Hersteller dieselben Materialien für eine Komponente nutzen. Das kann wiederum zu einer unterschiedlichen Beständigkeit gegenüber Korrosion oder Temperaturschwankungen führen. Da es auf dem Markt keinen einheitlichen Auslegungsstandard für Rohrverschraubungen gibt, unterliegen die Komponenten selbst eventuell verschiedenen Anforderungen bezüglich Toleranz und Auslegung. Daher kann die Verwendung von Komponenten unterschiedlicher Hersteller häufig zu einer unvorhersehbaren Leistung führen, darunter auch Leckagen und potenzielle Sicherheitsrisiken.
Neue Materialanforderungen und kosteneffiziente Materialkombinationen
S-716 erkennt außerdem die beiden branchenüblichen 6-Moly (6Mo)-Legierungen UNS N08637 (6HN) und UNS S31254 (254) an. Bei 6HN handelt es sich um eine robustere 6Mo-Legierung, die widerstandfähiger gegenüber der chloridinduzierten Spannungsrisskorrosion ist. Somit bietet diese Legierung Anlagenbetreibern die Möglichkeit, die Leistung ihres Systems zu verbessern und die Sicherheit zu erhöhen. Darüber hinaus beinhaltet die Spezifikation auch neue Anforderungen an die Härte von Rohrleitungen, um die Kompatibilität zwischen Rohrleitungen und -verschraubungen zu gewährleisten.
Auch wenn es gängige Praxis ist, bei Rohrleitung und Verschraubung dieselbe hochwertige Legierung einzusetzen, ist dies manchmal gar nicht notwendig und verursacht lediglich zusätzliche Kosten. Aus diesem Grund erlaubt die S-716 nun die Verwendung von technisch geprüften Werkstoffkombinationen, also den Einsatz unterschiedlicher Werkstoffe bei Rohrleitungen und Verschraubungen. So soll ein bestmögliches Preis-Leistungs-Verhältnis erzielt werden.
Bei diesem Ansatz muss unbedingt sichergestellt werden, dass diese Werkstoffkombinationen vom Hersteller für den Gebrauch zugelassen sind. Das ist deshalb so wichtig, da die Einstufung der Werkstoffkombinationen nicht nur von der Werkstoffbeständigkeit, sondern auch von der Wandstärke der Rohrleitung, den Betriebsdrücken und -temperaturen sowie anderen Faktoren beeinflusst wird. Ein zuverlässiger Hersteller kann Ihnen dabei helfen, die richtige Werkstoffkombination für Ihre Anforderungen zu finden.
Best Practices für die Installation
Zu guter Letzt gibt die Spezifikation neue Richtlinien für praxisorientierte Schulungen zur Montage und Installation vor. Demnach müssen Rohrleitungen von Mitarbeitern installiert werden, die im Rahmen einer genehmigten Produktschulung des Herstellers zertifiziert wurden. Solche Schulungen tragen dazu bei, in Anwendungen mit hohen Drücken, Vibrationen und Temperaturschwankungen leckagefreie Verbindungen zu gewährleisten.
Unserer Ansicht nach wird diese Spezifikation dazu beitragen, den Betrieb von Fluidsystemen in der weltweiten Öl- und Gasindustrie sicherer und zuverlässiger zu gestalten. Hierbei spielen beispielsweise die Auswahl der richtigen Rohrleitungen und -verschraubungen, Werkstoffe, Schulungen und weitere Faktoren eine große Rolle. Durch die Standardisierung dieser Faktoren wird die Branche insgesamt gestärkt. Wenn Sie weitere Informationen zur neuen Spezifikation S-716 benötigen oder Fragen zu den Auswirkungen haben, helfen Ihnen unsere Experten gerne weiter.
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